Mehr als 12 Mio. Tonnen an Lebensmitteln schmeißen wir allein in Deutschland jedes Jahr weg. Und über die Hälfte dieses Abfalls entsteht in den privaten Haushalten. Genauer gesagt sind es 75 kg pro Kopf, die wir jährlich vergeuden, zuzüglich der Lebensmittelabfälle in der Ernte, Verarbeitung, Distribution oder dem Handel.
Damit ist Deutschland ganz oben mit dabei in der Liste der größten Lebensmittelverschwender*innen. Auch die Bürger*innen anderer Staaten des Globalen Nordens schmeißen Nahrungsmittel tonnenweise in den Müll. In Bezug auf die Gesamtmenge liegen China, die USA, Indien und Japan noch vor Deutschland. Rechnet man die Mengen auf die Einwohner*innen herunter, schneiden besonders Australien und Frankreich extrem schlecht ab.

Die Schäden, welche durch Lebensmittelverschwendung entstehen, sind enorm. Ungefähr eine Billion US-Dollar an Kosten entstehen jährlich durch weggeschmissene Nahrungsmittel, um nur mal die finanziellen Schäden zu benennen. Aber auch Umwelt, Ressourcen und Menschen leiden unter dem Wegwerfverhalten. Wie aber kommt es überhaupt zu solchen Mengen an essbarem Abfall?
Was sind die Gründe für Lebensmittelverschwendung?
Betrachten wir zunächst einmal die Lebensmittelverluste im privaten Bereich. Hier wird meist unterschieden zwischen zwei Arten von Abfall – dem vermeidbaren und dem nicht vermeidbaren. Oder auch den genießbaren und den ungenießbaren Nahrungsmitteln. Als ungenießbar gelten zum Beispiel Bananenschalen, Kaffeesatz, Säuberungsreste oder Tierknochen. Den größeren Teil unserer persönlichen Abfälle machen aber tatsächlich die Vermeidbaren aus. Vermeidbar, das bedeutet, dass Lebensmittel weggeschmissen werden, welche eigentlich noch genießbar wären oder nicht rechtzeitig verzehrt worden sind.
Neben Schimmel, Druckstellen oder runzliger Haut sind auch zu große Portionen und falsch geplante Einkäufe häufig Ursache für das Wegwerfen von Lebensmitteln. Der größte Grund für Privatpersonen Lebensmittel in die Tonne zu schmeißen, die eigentlich noch gut sind, ist zudem das Mindesthaltbarkeitsdatum, welches von vielen nach wie vor als rote Linie betrachtet wird, die auf keinen Fall überschritten werden darf. Dabei ist es lediglich ein Indikator, bis wann ein Produkt bei ordnungsgemäßer Lagerung verschlossen auf jeden Fall haltbar sein sollte. Viele sind aber auch Tage und Wochen später noch gut. Deshalb sollte man sich lieber auf die eigenen Sinne verlassen (riecht etwas komisch, ist Schimmel zu sehen, schmeckt es säuerlich) als genießbare Lebensmittel nur wegen des Mindesthaltbarkeitsdatums wegzuschmeißen.
Nahrungsmittel werden aber nicht nur in Haushalten tonnenweise verschwendet, auch in der Wertschöpfungskette häuft sich der Bio-Abfall. Zu Verlusten kann es bereits bei der Ernte kommen durch Schädlingsbefall oder Unwetter. Auch beim Transport, der Lagerung oder der Weiterverarbeitung entstehen Abfälle. Desto näher das Produkt sich von der Erzeugung Richtung Endverbraucher*innen bewegt, desto mehr steigen auch die Verluste – und das Potenzial diese zu vermeiden. Besonders im (Groß-)Handel ließen sich 90 % der Lebensmittelabfälle vermeiden. Denn aussortiert wird hier meist nicht, weil Produkte von Schädlingen befallen oder verdorben sind. Hauptgrund ist viel mehr das Aussehen der Ware und die Ansprüche der Kund*innen. Besonders Obst und Gemüse wird hier gnadenlos aussortiert, wenn es nicht mehr frisch und knackig aussieht oder bestimmte Schönheitsnormen erfüllt. Deshalb gibt es auch nur in den wenigsten Läden gerade Bananen, krumme Gurken oder runzlige Äpfel zu kaufen.
Auswirkungen von Lebensmittelverschwendung auf Umwelt, Ressourcen und Versorgung
Dass so viele Lebensmittel indirekt für die Tonne produziert werden, hat viele negative Folgen. Generell ist es natürlich vollkommen absurd, dass wir so viel Essbares wegschmeißen, während weltweit immer noch Millionen von Menschen hungern. Noch schlimmer aber ist, dass die Überproduktion von Nahrungsmitteln, die gar nicht verzehrt werden, auch indirekt zur Nahrungsknappheit an anderer Stelle beiträgt. Wie die Welthungerhilfe erklärt, gehen durch die Herstellung von Lebensmitteln, welche später im Müll landen, wichtige Ressourcen wie Energie, Wasser und Ackerflächen verloren. Je weniger Anbauflächen verfügbar seien, desto teurer würden auch die Lebensmittelpreise. Das trifft vor allem die Menschen des Globalen Südens, denen dadurch der Zugriff auf Nahrung erschwert wird.
Zudem ist die Agrarwirtschaft ein großer Faktor beim Klimawandel. Nach Angaben des Weltklimarats entstehen bei der Nahrungsmittelproduktion 31 % aller weltweit ausgestoßenen Treibhausgase. Diese wiederum fördern die globale Erderwärmung und somit das häufigere Auftreten von Dürren, Fluten und anderen extremen Wettergeschehnissen, welche die Landwirtschaft nachhaltig beeinflussen. Zu spüren sind diese besonders in den Ländern des Globalen Südens und sorgen dort für Ernteausfälle und Versorgungsknappheit.
Wir könnten hier nun auch auf Wasser oder Energie eingehen. Aber um es kurzzufassen: eine Verschwendung von Lebensmitteln ist immer auch eine Verschwendung von wichtigen Ressourcen, die wiederum an anderer Stelle fehlen und zudem den Klimawandel befeuern.
Wie ist die Situation in Ghana?
Zuletzt möchten wir uns noch den Umgang mit Lebensmitteln in Ghana anschauen. In einem früheren Blogpost haben wir schon mal über den Export unserer Lebensmittel-„Abfälle“ gesprochen. So werden beispielsweise Hähnchenfleischbestandteile, welche in Europa kaum verwertet werden, nach Ghana und in andere afrikanische Länder transportiert. Dies führt zu einer Überschwemmung des lokalen Marktes mit billigen, subventionierten Produkten aus dem Ausland. Lokale Geflügelanbieter können mit diesen Preisen nicht mithalten und verlieren zusehends ihre Marktanteile.
Wie aber sieht es mit dem Wegwerfen von Lebensmitteln in Ghana aus?
Auch in Ghana landen viele Nahrungsmittel auf dem Müll. Die ghanaische NGO „Food for all Africa” geht sogar davon aus, dass bis zu 45 % aller Lebensmittel im Land weggeschmissen werden. Grund dafür ist jedoch nur zu einem sehr geringen Anteil das Verhalten der Konsument*innen. Die meisten Abfälle entstehen durch falsche Lagerung, schlechten Transport und den Mangel an ausreichender Kühlung entlang der Lieferkette. Zudem entstehen schon bei der Ernte oftmals Abfälle, weil Produkte nicht richtig wachsen, von Schädlingen befallen werden oder in Dürreperioden eingehen.
Einige Organisationen in Ghana versuchen dem Problem entgegenzuwirken und die bereits entstandenen Abfälle weiter zu verwerten. So auch „Food for all Africa” und ihr Gründer Amoo Addo. Seit Jahren bemüht er sich darum, ungewollte oder übrig gebliebene Lebensmittel von Restaurants, Geschäften oder Märkten an Waisenhäuser, Schulen oder hilfsbedürftige Gemeinden zu bringen. Heute ist die NGO die erste große Tafel in Ghana. Andere Unternehmen arbeiten beispielsweise an einem besseren Sammelsystem für organische Abfälle, um diese in vollem Umfang weiterverarbeiten zu können. Das sie viele Nährstoffe enthalten, eignen sie sich hervorragend als Düngemittel und könnten so auch Farmer*innen helfen, bessere Ernten zu erzielen.
Ein Problem – viele Ursachen
Lebensmittelverschwendung ist also nicht nur ein Problem des Globalen Nordens, kann aber ganz unterschiedliche Gründe haben. Besonders im Fall der Verschwendung durch die Endkonsument*innen können wir einiges tun, um sie zu verringern und somit nicht nur die Umwelt sondern auch die Lebensgrundlagen anderer Menschen zu schonen. Was genau jede*r einzelne von uns tun kann, möchten wir Euch im Blogpost nächste Woche zeigen. Bis dahin schaut doch einfach mal selbst: wie viel Biomüll produziert Ihr so am Tag und was davon könntet Ihr vielleicht vermeiden?