Folge 1: The Story of Philip Ayitey

Folge 1: The Story of Philip Ayitey

Vorwort Hendrik

Als ich in den letzten Wochen auf unserer Kino Tour nach der Vorstellung auf der Bühne Fragen beantwortet habe, kam wiederholt das Feedback, dass es super spannend ist, zu hören, was wir vor Ort in West Afrika genau bewirken, was es für die Menschen bedeutet.

Da wir dazu natürlich einiges zu erzählen haben, starte ich auf diesem Wege eine neue Serie, in der ich von Menschen erzähle, deren Leben durch das Schaffen von fairafric eine Wendung genommen hat. 

Ich hoffe, diese Impact Stories geben Euch ein noch besseres Verständnis über die Herausforderungen in West Afrika und unsere Arbeit. Sie sollen aber auch Freude machen, denn viele von Euch unterstützen unser Wirken vor Ort durch Investitionen und der Impact, von dem ich hier regelmäßig schreiben will, ist auch Euer Impact.

Und Impact wollen wir noch sehr viel mehr erreichen. Also wünsche ich Euch erkenntnisreiche, spannende Lektüre und bedanke mich für Euren Support!

Euer Hendrik
Hendrik Reimers Founder & CEO fairafric

Ein zufälliges Kennenlernen

Als ich 2016 auf der Suche nach Bio Kakao durch Ghana reiste, machte ich in der Eastern Region in dem kleinen Ort Suhum einen Stop, um die dortige Bio-Kakao-Initiative kennenzulernen.
Am Ende des Tages kam ich in ein kleines Guest House, wo mich Philip freundlichst begrüßte. Ich erinnere mich, dass ich an dem Abend mit ihm zusammen Fußball in der kleinen Lobby geschaut habe. Am nächsten Morgen, vor meiner Weiterreise, haben wir noch Kontaktdaten ausgetauscht.

Da wir dann tatsächlich unseren Kakao fortan aus der Region bezogen, wurde ich eine Art Stammgast. Die Reservierungen per WhatsApp waren unkompliziert. Das Guest House war nie ausgebucht, vielmehr war ich meistens der einzige Gast.

Weil ich mich immer so sicher und willkommen gefühlt habe, kam ich alle paar Monate, teils Wochen, wieder. Philip war immer dort und immer im Dienst. Eines Tages fragte ich ihn, ob er auch mal nicht arbeitet. Ich wusste, dass Philip in der Lobby unter der Treppe ins Obergeschoss schlief, wenn er im Dienst war. 

 

Philip im Portrait


Philip ist 1997 im Dorf Aponoapono auf die Welt gekommen. Die komplette wirtschaftliche Aktivität in diesem Ort besteht aus Landwirtschaft zur Deckung des Eigenbedarfs. Darüber hinaus ist die einzige Einkommmensquelle der Anbau von Kakao. 
 
Philip hat nach der Grundschule in seinem Ort die High School in Suhum besucht.





Ein Aha-Moment

Ich hörte dann, dass Philip dort tatsächlich wohnte. Er war quasi das ganze Jahr über 24 Stunden lang im Einsatz. Dadurch, dass er in der Lobby schlief, war er auf der einen Seite immer ansprechbar für Gäste, auf der anderen konnten auch Nachts ankommende Gäste umsorgt werden.

Was für Europäer als unhaltbare Arbeitsverhältnisse gesehen werden, war für Philip ein großes Glück. Die allermeisten seiner Freunde haben nach der Schule keine Arbeit gefunden und verdingen sich als Hilfskräfte auf Farmen im Heimatdorf.

Später erfuhr ich noch, dass sein Gehalt nur voll bezahlt wurde, wenn die Auslastung dies erlaubte. Auch das ist für ghanaische Verhältnisse nur allzu normal.

Seitdem ich das wusste, wurde mein Trinkgeld ein so großer Teil von Philips Einkommen, dass ich wöchentliche WhatsApps bekam, wann ich denn mal wieder in der Region sei.

Vom Guest House zum sicheren Einkommen

Während des Baus unserer Fabrik war ich dann fast durchgehend in dem Guest House. Da es kein Restaurant gibt, hat sich Philipp dann um mein Essen gekümmert. Er konnte immer was auftreiben.

Eines Morgens, als ich mich auf den Weg zur Baustelle machen wollte, bat mich Philip um ein Gespräch. Er fragte nach einem Job. Auf meine Frage, was er denn machen will, sagte er: Alles, vielleicht Auto fahren, das kann er, aber nur in Suhum da er leider keinen Führerschein hat. Er kennt ja die Polizisten in Suhum, die stört das nicht, aber vielleicht die auf dem Weg nach Accra.

Nach ein wenig hin und her war mir klar, egal was, er würde alles machen; und wie ich ihn kannte, würde er es gut machen. Ich sagte ihm, dass wenn er seinen Lebenslauf auf Papier bekommt, nehme ich ihn mit uns besorge ihm ein Interview. So kam es und Philip wurde ein paar Wochen später als "Production Assistant" eingestellt. Seine erste Tätigkeit war es, die Tafeln, die aus der Verpackungsmaschine kommen, in die Kartons zu sortieren und diese auf Paletten zu stapeln.

Nach Jahren von unsicherem Einkommen und einer Schlafstelle unter der Treppe zog Philip mit dem nun sicheren, stabilen Einkommen in eine Wohnung in Suhum. Er eröffnete ein Bankkonto, erhielt das erste Mal in seinem Leben eine Krankenversicherung und war überrascht, dass wir eine private Rentenversicherung für ihn organisierten. Sein Einstiegsgehalt, nach allen Abzügen, lag beim 4-fachen dessen, was er vorher in guten Monaten verdienen konnte.

Ich zog aus dem Guest House ebenfalls in eine Wohnung in Suhum, die ich mir bis heute mit einem Kollegen teile.

Chancen nutzen: Vom Helfer zum Maschinenführer 

Philips Präsenz war auf dem "Floor", wie wir die Produktionshalle nennen, sofort zu spüren. Wann auch immer ich ihn sah, er strahlte vor Freude.

Bei fairafric hat jeder Mitarbeitende einen Karriere-Pfad. Mit dem Management wird regelmäßig besprochen, wie der Arbeitsalltag interessanter gestaltet werden kann und wie die Person sich langfristig weiterentwickeln kann. Auch wenn kein Interesse besteht, mehr Verantwortung zu übernehmen, sorgen wir mit Job Rotation dafür, dass Abwechslung aufkommt.

Die Ambition von Philip war sofort klar, er will mit den Maschinen arbeiten. Da der Bereich der Schokoladentropfen Produktion gerade sehr stark bei uns wächst, wurde beschlossen, dass Philip lernt, diese Maschine zu bedienen. 
So wurde er Schritt für Schritt, on the job, an die Maschinen und diversen Teilbereiche herangeführt und nach einigen Monaten zum Machine Operator befördert. Mittlerweile bedient Philip die Dropline ('Tropfenlinie') komplett alleine und wird bald neue Mitarbeitende daran ausbilden. 

Sein großer Traum ist, eine Schokoladenfabrik in Europa zu besuchen und seinen Horizont dort weiter zu entwickeln. Nachdem wir ein solchen Besuch schon zwei mal für eine Gruppe fairafricans organisieren konnten, stehen die Chancen nicht schlecht, dass sein Wunsch in Erfüllung geht.

Philip ist lebender Beweis, dass es in West Afrika nicht an Motivation, Bildung oder Cleverness scheitert, sondern einzig an Möglichkeiten, diese Fähigkeiten einzusetzen.


Echte Perspektiven schaffen

Immer wenn ich in der Fabrik bin, arbeite ich im großen Konferenzraum, mit offener Tür. So kann jeder Hallo sagen und ich bin immer ansprechbar. Für Meetings muss ich zudem nicht dauernd hin und her laufen. Eines Tages stand Philip auf einmal im Raum. Er zeigte auf einen Roll up auf dem dieses Bild gezeigt war.

Das Roll up stand wegen eines Events im Raum, es zeigt die Farmer einer der Communities aus denen wir Kakao kaufen. Er sagte mir ohne einleitende Worte: "Weißt Du, ich kenne jeden einzelnen dieser Farmer. Die sind aus meinem Dorf."

Das war ein riesen Zufall, ich konnte das kaum glauben. Meine Neugier war geweckt und ich löcherte Philip mit Fragen. Ja, sie alle wussten, dass er bei fairafric in der Fabrik arbeitet und Nein, keiner seiner Kindheitsfreunde aus dem Dorf hat einen ähnlichen Job.

Das führte zur Frage, ob er glücklich darüber ist, wohin sein Lebensweg ihn geführt hat. Aus einem nachdenklichen Gesicht kam ein zögerliches Ja. "Ich wünschte, es wäre früher passiert. Vor ein paar Jahren wurde meine Mutter schwer krank, sie starb binnen weniger Tage. Wir konnten es uns nicht leisten, sie ins Krankenhaus zu bringen. Hätte ich damals diesen Job gehabt, hätte ich Geld für das Krankenhaus gehabt"

Philip will jetzt daran arbeiten, dass andere ähnliche Chancen bekommen. Jeder Job zählt. Wie er damals mich um einen Job bat, bitten seine Freunde ihn fast täglich, dass er ihnen hilft, bei fairafric einen Einstieg zu finden.

Für mich ist Philips Geschichte ein unheimlicher Antrieb. Nahezu alle der fast 100 Mitarbeitenden in Ghana hatten es ebenso schwer, eine gesicherte Existenz aufzubauen. Noch mehr Menschen eine echte Chance zu bieten, selber aus prekären Lebensumständen herauszukommen, lässt mich jeden Morgen wieder motiviert den Weg ins Büro finden.

 

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